130 Jahre Feuerwehr Norderney

Wie so häufig im Leben bedurfte es auch auf Norderney erst eines betrüblichen Anlasses, um eine gute Sache, in diesem Falle die Freiwillige Feuerwehr unserer Insel, ins Leben zu rufen.

Im Jahre 1884 ließ ein Feuer ein Wohnhaus in der Innenstadt in nur 60 Minuten komplett niederbrennen. Zahlreiche Einwohner mit ihren ledernen Eimern waren ebenso schnell zur Stelle wie die Gemeindebrandspritze. Auch an schaulustigen Kurgästen fehlte es zu der Zeit schon nicht. Was aber fehlte war das Wichtigste: das Wasser. So bildete man eine doppelreihige Kette bis zum Strand. Auf der einen Seite wurden die leeren Eimer zum Befüllen an den Strand befördert, auf der anderen Seite die vollen zum Löschen nah an das Feuer herangebracht. Das wichtigste Anliegen war jedoch, das Feuer zumindest zu lokalisieren, um ein Ausbreiten zu verhindern. Dies gelang dank der Idee eines Einwohners: „Mit vielen Hurras“ rammte man mit einer großen Fahnenstange die brennenden Mauern des Hauses ein und verhinderte somit noch größeres Unheil.

Schon recht bald darauf wurde auf einer öffentlichen Gemeindeversammlung die Gründung einer Feuerwehr verlangt. Das war bereits am 7. September 1884. Doch obwohl jedem die Notwendigkeit einer Feuerwehr klar war, blieb dieser erste Versuch ohne Erfolg. Auf Initiative des damaligen Badeinspektors Hanebuth, der sich mit Vertretern der Regierung und der Landschaftlichen Brandkasse zusammengesetzt hatte, kam es dann am 17. September 1884 im Gästezimmer eines Hotels zur Gründung. Die Norderneyer waren recht schnell überzeugt, so dass die Mitgliederzahl innerhalb weniger Tage von 34 auf 52 stieg. Zügig wurde daraufhin auch die finanzielle Situation der Wehr in Schwung gebracht. Eine zu damaliger Zeit nicht unerhebliche Summe kam aus freiwilligen Spenden umgehend zusammen. Außerdem wurden in durchaus modern erscheinender Weise einige Versicherungen und private Stellen mit großem Erfolg „angezapft“. Die erste Satzung trat am 17. Dezember 1884 infolge der ersten Generalversammlung aller Mitglieder in Kraft. Badeinspektor Hanebuth wurde zum ersten „Kommandeur“ berufen. Zur damaligen Zeit standen auch schon die ersten Geräte zur Verfügung, zwei Spritzen und Leitern kamen hinzu. Beim Eintreffen der ersten größeren Geräte, einem Schlauchwagen und Spritzen, versammelte sich die gesamte Wehr am Hafen.

Die Notwendigkeiten dieser Vorkehrungen und Anschaffungen stellten sich schon sehr früh unter Beweis, denn die junge Wehr hatte eine ganze Reihe von Einsätzen zu bestehen. Ein Wohnhaus und eine Baracke brannten ebenso wie ein Schiff. Auch ein Feuer im Gaswerk galt es zu bekämpfen, mitten in der Nacht, ohne Licht und Wasser. Aus den seit 1886 sorgfältig geführten Protokollen der Wehr ist sogar manches zu entnehmen, was für den Geist der Wehr ein noch bedeutenderes Zeugnis ablegt, als alle äußeren Erfolge. Gemeint ist das immer wieder ganz deutlich zutage tretende Bemühen, sich unter strikter Bewahrung des Freiwilligkeitsprinzips behördlicher Bevormundungen zu entziehen.

Die weiteren Jahre

Schon nach zwei Jahren musste der erste „Kommandeur“ Hanebuth seinen Posten als Wehrführer abgeben. Aufgrund seiner Tätigkeit als Hilfsbeamter des Landrates wurde er anderweitig zu stark beansprucht. 1886 trat Georg Schuchardt dann die Nachfolge an. Vorbildlich führte er die Wehr bis 1904. Bis 1911 wirkte Johann Schipper auf Norderney als Feuerwehrhauptmann. Seine Nachfolge trat Karl Rieger an. Diesem Mann verdankte die Wehr auch ihre erste Motorspritze, mit einer Leistung von 600 Litern pro Minute. Die Wehr galt damit als eine der stärksten im Hannoverschen Provinzial-Feuerwehrverband. 1927 übernahm Wilhelm Becker die Führung der Wehr. Er schaffte beispielsweise eine 20 Meter Drehleiter an und bemühte sich um einen modernen Brandschutz auf der Insel. Vor völlig neue Situationen sahen sich Wilhelm Becker und seine Männer zum Ausbruch des 2. Weltkrieges gestellt. Ein großer Teil der jüngeren Wehrmänner wurde zum Kriegsdienst einberufen. Es gelang unter Einbeziehung neuer, teils weiblicher Kräfte, die Brände der Luftangriffe zu löschen.

Die Feuerwehr Norderney im 2. Weltkrieg

Quelle: Bericht des Wehrführers Becker über die Kriegsjahre

Jahreshauptversammlungen durften während des Krieges nicht abgehalten werden, dennoch führte der Wehrführer Becker pflichtgetreu Jahresberichte und Protokolle, die er auf der ersten außerordentlichen Generalversammlung nach dem Krieg vortrug. Seit 1939 schrumpfte der Mitgliederbestand der Wehr, nicht nur durch den Krieg, von 119 Aktiven und 115 Mitgliedern der Altersabteilung auf 97 Aktive und 98 Kameraden der Altersabteilung. Er dankte den Frauen, den Alterskameraden und den freiwilligen Bürgern der Gemeinde, die sich während des Krieges bereit erklärt haben, den Feuerschutz auf der Insel sicherzustellen. Vorgelesen wurden Listen von noch Vermissten, in Gefangenschaft befindlichen und gefallenen Kameraden.

In den Kriegsjahren wurden von der Wehr 35746 Stunden Wachtdienst bei 423 Alarmierungen geleistet, hauptsächlich von den zum Sicherheits- und Hilfsdienst verpflichteten Kameraden. Nach den Kriegsjahren ließ das Interesse für die Wehr bei vielen Kameraden nach, sie meldeten sich überhaupt nicht mehr vom Wehrdienst zurück, bzw. es fehlten teilweise soviel Mann bei Übungen und Einsätzen, dass nicht einmal zwei Geräte bedient werden konnten. In den Nachkriegsjahren wurde die Wehr mehrmals von Offizieren der englischen Militärregierung besichtigt und für gut ausgestattet befunden. Beendet wurde sein Bericht mit den Worten: „Wir wollen uns in Zukunft in unserer Arbeit nicht stören lassen, sondern weiterhin unsere freiwillig übernommene Pflicht erfüllen, zum Segen unserer Heimat.“

Wie es weiterging

Unter den besonders erschwerenden Einschränkungen der Besatzungsmacht begann sofort nach dem Krieg der Wiederaufbau des insularen Feuerlöschwesens. Größere Anschaffungen in Hinblick auf die Ausrüstung gelangen jedoch erst kurz vor der Währungsreform. Es gelang der Wehr die Beschaffung einer 22 Meter Kraftfahrzeugdrehleiter (DL 22) von Magirus. Johann Extra, der 1949 die Wehrführung übernahm, konnte die Aufbauarbeit erfolgreich weiterführen. Als Vorteil erwies sich in dieser Hinsicht eine stets den Belangen des örtlichen Feuerschutzes überaus verständnisvoll entgegenkommende Ratsvertretung und Stadtverwaltung. Bis zur Berufung des Nachfolgers für den 1959 verstorbenen Stadtbrandmeisters Johann Extra, lag die Führung der Wehr in den Händen von Oberbrandmeister Gottfried Langenstraß. Im November 1959 erfolgte dann die Wahl des langjährigen Kommandomitgliedes Wilt de Boer zum Wehrführer und Johann Henning zu seinem Stellvertreter. Er verstand es die Wehr in einer sich wandelnden Zeit anzupassen. In seine Amtszeit fiel die schwere Sturmflut 1962 mit ihren Folgen, die von ihm mit Tatkraft und Geschick aufgearbeitet werden musste. Zwei Fahrzeuge wurden in Dienst gestellt. Der Höhepunkt seiner Laufbahn war im Jahre 1969, als der Landesverbandstag der Insel große Beachtung entgegenbrachte. Im selben Jahr zog Wilt de Boer dann von der Insel, Johann Henning wurde Stadtbrandmeister und Gerhard Fröhlich zu seinem Stellvertreter. Seine ganze Energie steckte Henning zunächst in den Neubau eines Gerätehauses, welches 1974 bezogen werden konnte. Danach wurde Schritt für Schritt eine moderne Atemschutzausrüstung beschafft und eine komplette Funkanlage installiert. Mit der in kurzen Abständen erfolgten Indienststellung von 3 Großfahrzeugen schloss Wehrführer Henning, auch aufgrund des Erreichens der Altersgrenze, seine Amtszeit ab. Nachfolger wurde im November 1980 Gerhard Fröhlich, sein Stellvertreter wurde Bonno Eberhardt. In ihre Amtszeit, die bis 1992 ging, fiel die Indienststellung zweier neuer Fahrzeuge, unter anderem ein Löschfahrzeug (LF 8) auf Unimog-Fahrgestell, mit dem man nun endlich die ganze Insel befahren konnte. Auch der Großbrand des bekannten Inselhotels König im Herbst 1989 fiel in die Zeit von Fröhlich und Eberhardt. Übrigens der größte Brand seit 1926 auf der Insel, und abgesehen von den Sturmfluten, mit über 12 (!) Stunden auch einer der längsten. Im Jahre 1992 wurden Manfred Meister zum Stadtbrandmeister und Rudolf Dehns zum Stellvertreter gewählt und versahen bis 1998 gemeinsam als Wehrführung ihren Dienst. In ihrer Zeit wurde unter anderem die Drehleiter (DLK 23-12, PLC 3) in den Dienst gestellt. Von 1998 an war Peter Heckelmann der neue Stadtbrandmeister, Stellvertreter ist Rudolf Dehns geblieben. Im Jahre 2010 wurde Edmund Freese zum neuen Stadtbrandmeister gewählt. An seiner Seite arbeitet Ralf Jürrens als Stellvertreter. Beide leiten seither die Geschicke der Feuerwehr.

Weitere Informationen über die Entstehung der Feuerwehr Norderney sind in der Norderney Chronik nachzulesen.